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crossings – Eine musikalische Begegnung zwischen Asien und Europa


Asia meets Europe

Interview mit Christian Utz


Im Wiener "Music Information Center Austria" (MICA) beginnt am Donnerstag das Projekt "Crossings". Diese Kooperation zwischen zeitgenössischen Komponisten und Interpreten aus Europa und China bzw. aus Taiwan wird vom "Asian Culture Link" in Wien veranstaltet. Sechs Tage lang können Komponisten aus beiden Kulturen in Workshops mit dem "Klangforum Wien" und dem Ensemble "China found music workshop Taipei", das hauptsächlich auf traditionellen chinesischen Instrumenten spielt, arbeiten. In der Folge sollen die sieben teilnehmenden Komponisten jeweils ein Werk schreiben, in denen sich chinesische und europäische Traditionen verbinden.

Spannende Begegnung
Sechs der eigenständigsten Komponisten-Persönlichkeiten aus Taiwan, China und Europa nehmen am Projekt "Crossings" teil.
Schon seit 1999 kommt das Ensemble "China Found Music Workshop Taipei" jedes Jahr nach Europa. Die Wiener Organisation "Asian Culture Link" koordiniert die Zusammenarbeit der Gruppe mit europäischen Komponisten. Bereits bei den "Hörgängen 2000" im Wiener Konzerthaus wurden sechs Stücke von Europäern für chinesische Instrumente uraufgeführt.
Der Komponist Christian Utz, künstlerischer Leiter des "Asian Culture Link", hat mit seiner Kollegin Xienyue Hu die Projektreihe "Crossings", die bis 21. Jänner dauert, initiiert. Er selbst lebte und forschte ein Jahr in Taiwan und spricht etwas Chinesisch.
Anlässlich des Starts von "Crossings" hat kultur.ORF.at mit dem Leiter des "Asian Culture Link" ein Gespräch geführt.

Frage: Christian Utz, warum interessiert es Sie überhaupt, eine Begegnung von westlicher Avantgarde und chinesischer traditioneller Musik herbeizuführen?
Christian Utz: Ich denke, es hat damit zu tun, dass die Konzentration auf die eine Kultur heute vielleicht zu eng geworden ist und nicht mehr ausreicht. Es soll aber nicht nur darum gehen, dass man das Eigene bereichert, indem man sich selektiv herausnimmt, was man vom Anderen gerade brauchen kann, sondern man soll das Gegenüber mit aller Konsequenz und mit allen Widersprüchen wahrnehmen und sich dann auf diesen Prozess einlassen.
Frage: Bei interkulturellen Projekten wie "Crossings" stellt sich oft die Frage der künstlerischen Qualität. Gerade wenn sich traditionelle chinesische oder japanische Musik mit westlichen Einflüssen mischt, hört sich das Ergebnis oft etwas bemüht an. Postromantischer Crossover-Kitsch ist da keine Seltenheit.
Christian Utz: Das empfinden wir ziemlich genauso. Die Idee, die Instrumentarien und die Musikkulturen zusammenzubringen, ist die eine Seite, aber man braucht auch große kreative Energie, damit da etwas Substanzielles herauskommt. Deshalb haben wir einige wirklich namhafte Komponisten aus beiden Kulturen eingeladen. So z. B. den Österreicher Bernhard Lang, der ja zu den dominierenden Komponisten der mittleren Generation in Europa gehört. Oder die israelisch-amerikanische Komponistin Chaya Czernowin. Von asiatischer Seite ist u.a. Chen Xiaoyong dabei, der aus Beijing stammt, in Hamburg lebt, bei Ligeti studiert hat und 1987 in Donaueschingen mit seinem Streichquartett für viel Aufsehen sorgte. Seither gehört er zu den bekanntesten chinesischen Komponisten im Westen.
Frage: Entwickelt sich in China und Taiwan auch eine neue, traditions-sprengende Musik, die nicht vom westlichen Einfluss dominiert wird?
Christian Utz: Komponisten wie der in den USA lebende Tan Dun suchen nach solchen Möglichkeiten. Natürlich nehmen auch sie zur Kenntnis, dass erst die westliche Avantgarde das Zerfallen traditioneller Tonsysteme ermöglicht hat. Trotzdem wird versucht, mit einem Gespür für beide Traditionen etwas Eigenständiges zu entwickeln. Manche Komponisten weben philosophische Gedanken des Taoismus und des Buddhismus in ihre Werke ein. Andere arbeiten sehr stark mit der Idiomatik der chinesischen Musik. Da entsteht eine Art von Musik, die sehr chinesisch und für chinesische Ohren fast schon wieder konventionell klingt. Ein typisches Beispiel dafür ist die Oper "Night Banquet" von Guo Wenjing, die auch bereits in Wien zu sehen war.
Frage: Welche Unterschiede gibt es zwischen Taiwan und dem kommunistischen Festland China, was die aktuelle Musik betrifft?
Christian Utz: In Taiwan ist die Orientierung am Westen viel stärker. In China dagegen hat die Tradition einen viel höheren Stellenwert - und die Komponisten interessieren sich mehr dafür.

ORF Online, 16.1.2003



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